Was sind sogenannte Kampf- oder Listenhunde?
Der Begriff„Kampfhund“ wird oft verwendet, um Hunde zu beschreiben, die als besonders kräftig, durchsetzungsfähig oder potenziell gefährlich gelten. In der Vergangenheit wurden einige Rassen speziell für den Einsatz in Hundekämpfen gezüchtet, was ihnen einen schlechten Ruf eingebracht hat. Es gab mehrere Vorfälle, bei denen sogenannte Kampfhunde Menschen schwer oder tödlich verletzt haben. In vielen Bundesländern, darunter Bayern, gibt es deshalb sogenannte Rasselisten, die bestimmte Hunderassen als potenziell gefährlich einstufen. Diese Hunde werden auch als „Listenhunde“ bezeichnet.
Obwohl einige dieser Rassen eine starke Statur und einen ausgeprägten Schutztrieb haben, bedeutet dies nicht automatisch, dass sie aggressiv oder gefährlich sind. Die Einstufung auf einer Rasseliste basiert auf der Annahme eines erhöhten Gefahrenpotenzials, jedoch spielen auch Erziehung, Sozialisierung und Haltung eine entscheidende Rolle für das Verhalten eines Hundes. Viele Expert:innen kritisieren daher pauschale Rasselisten, da sie nicht das individuelle Wesen eines Hundes berücksichtigen.
Kampfhundeverordnung: Welche Rassen gehören zu den Kampfhunden in Bayern?
In Bayern gibt es zwei Kategorien von Hunden, die als potenziell gefährlich gelten. Diese Einteilung basiert auf der Annahme, dass bestimmte Rassen ein erhöhtes Aggressionspotenzial aufweisen. Je nach Kategorie müssen die Besitzer:innen verschiedene Auflagen erfüllen, um die Tiere halten zu dürfen. Die Haltung von Tieren der Kategorie 1 ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Auch Kreuzungen dieser Rassen sind von den Einschränkungen betroffen. Sollten Sie sich nicht sicher sein, ob Ihr Tier ein Listenhund im Sinne der Verordnung ist, wenden Sie sich an die zuständige Kreisverwaltungsbehörde.
Kategorie 1: Welche Hunde stehen auf der Liste?
Die Listenhunde der Kategorie 1 dürfen in Bayern grundsätzlich nicht gehalten werden, da ihnen eine gesteigerte Gefährlichkeit zugeschrieben wird. Folgende Rassen fallen in diese Kategorie:
- Pitbull
- Bandog
- Staffordshire Bullterrier
- Tosa Inu
●American Staffordshire Terrier
Wenn Sie einen Hund der Kategorie 1 trotzdem halten möchten, ist das in Ausnahmefällen theoretisch möglich. Es muss aber ein besonderes, berechtigtes Interesse nachgewiesen werden. Für die Haltung dieser Rassen ist eine Haltererlaubnis erforderlich. Um eine Erlaubnis für einen der oben genannten Hunde zu erhalten, sind folgende Kriterien zu erfüllen:
- Halter:innen müssen zuverlässig sein. Sie benötigen ein Führungszeugnis.
- Der Hund darf keine Gefahr für Leben, Gesundheit oder Eigentum darstellen. Dies wird durch einen bestandenen Wesenstest belegt.
- Das berechtigte Interesse an der Haltung eines Kampfhundes der Kategorie 1 muss nachgewiesen werden. Diese Auflage wird in der Regel nicht erfüllt.
Kategorie 2: Rottweiler und Dogo Argentino unter Auflagen erlaubt
Bei den Listenhunden der Kategorie 2 geht die bayrische Landesregierung von einer potenziellen Gefährlichkeit aus. Diese kann durch einen erfolgreichen Wesenstest widerlegt werden. Folgende Rassen fallen darunter:
- Alano
- American Bulldog
- Bullmastiff
- Dogo Argentino
- Fila Brasileiro
- Mastiff
- Mastín Español
- Mastino Napoletano
- Perro de Presa Canario
- Perro de Presa Mallorquin
- Rottweiler
Diese Rassen sind nach bestandenem Wesenstest und einem Negativzeugnis der Behörde problemlos zu halten. Es besteht ein Anspruch auf Ausstellung eines Negativzeugnisses nach bestandenem Wesenstest. Wird ein Negativzeugnis für einen Hund ausgestellt, so ist er rechtlich nicht mehr als Kampfhund zu behandeln.
Hundehalter:innen benötigen ein befristetes Negativzeugnis für den Zeitraum vom 6. bis zum 18. Lebensmonat. Es kann vorkommen, dass die zuständige Behörde ein kurzes Gutachten benötigt, um das Zeugnis auszustellen. Das Gutachten kostet 250 bis 300 Euro.
Hundehalter:innen sind außerdem verpflichtet, ihren Hund ab dem 18. Lebensmonat einer Expertin oder einem Experten für den Wesenstest vorzustellen. Ein Test kostet ungefähr 500 Euro. Der Test ist das ganze Hundeleben lang gültig, es sei denn, es kommt zu gravierenden Veränderungen in der Haltung des Hundes, wie einem Besitzerwechsel.
Für Hunde der Kategorie 2, die einen Wesenstest bestanden und ein Negativzeugnis ausgestellt bekommen haben, gibt es keine generelle Leinenpflicht. Es kann allerdings durch die Behörden oder die zuständige Gemeinde eine Leinenpflicht für einzelne Tiere veranlasst werden.
Welchen Hund darf man in Bayern nicht halten?
Listenhunde der Kategorie 1 dürfen in Bayern grundsätzlich nicht gehalten werden. Eine Ausnahme ist nur mit einer speziellen Genehmigung möglich, die an strenge Bedingungen geknüpft ist. Allerdings wird diese Genehmigung in der Praxis fast nie erteilt. Somit ist das Halten von Hunden der Kategorie 1 im Freistaat Bayern gewissermaßen unmöglich. Die strengen Regeln sollen dem Schutz der Bevölkerung dienen, es ist allerdings umstritten, ob diese Einschränkungen die gewünschte Wirkung erzielen.
Hunde der Kategorie 2 dürfen gehalten werden, sofern ihre Ungefährlichkeit durch einen Wesenstest nachgewiesen wurde. Andernfalls gelten für sie dieselben strengen Auflagen wie für Hunde der Kategorie 1. Achten Sie darauf, sich an die Kampfhundeverordnung zu halten: Eine unzulässige Kampfhundehaltung kann mit einem Bußgeld bis zu einer Höhe von EUR 10.000 geahndet werden.
Auflagen für Besitzer:innen von Hunden auf der Rasseliste
Halter:innen von Listenhunden müssen in Bayern mehrere Prüfungen ablegen, um zu zeigen, dass sie und ihr Hund keine Gefahr für Menschen darstellen. Wer einen Hund der Kategorie 2 oder mit Ausnahmegenehmigung der Kategorie 1 halten möchte, muss zahlreiche Auflagen erfüllen:
- Antrag auf Genehmigung der Haltung
- Nachweis der Sachkunde
- Wesenstest des Hundes
- Nachweis einer Hundehaftpflichtversicherung
- Je nach Wohnort Leinen- und Maulkorbpflicht
- Kontrolle durch das zuständige Ordnungsamt
Nur wer diese Auflagen erfüllt, erhält die erforderliche Genehmigung, um einen Hund der Kategorie 2 zu halten. Im folgenden Abschnitt gehen wir genauer auf die Anforderungen im Wesenstest und Sachkundenachweis ein.
Wesenstest für Hunde
Der Wesenstest dient dazu, das individuelle Verhalten eines Hundes zu beurteilen. Dabei wird untersucht, wie der Hund auf verschiedene Reize reagiert und ob er potenziell aggressives Verhalten zeigt. Während des Tests werden folgende Situationen simuliert:
- Begegnung mit fremden Menschen und Hunden
- Reaktion auf plötzliche, unerwartete Reize
- Verhalten in stressigen oder bedrohlichen Situationen
- Gehorsam und Lenkbarkeit durch die Halterin oder den Halter
Nur Hunde, die den Wesenstest bestehen, können von der Einstufung als gefährlich befreit werden. Es kann trotz eines bestandenen Wesenstests eine Anleinpflicht bestehen.
Sachkundenachweis für Halter:innen
Der Sachkundenachweis ist in Bayern Voraussetzung für die Haltung von Hunden der Kategorie 2. Es muss in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen werden, dass Halter:innen mit der artgerechten Haltung, Erziehung und Führung eines potenziell gefährlichen Hundes vertraut sind.
In der theoretischen Prüfung werden Hundeverhalten und Kommunikation abgefragt, die gesetzlichen Regelungen müssen bekannt sein und es wird sichergestellt, dass Halter:innen sich mit der Leinen- und Maulkorbpflicht auskennen. In der praktischen Prüfung muss bewiesen werden, dass der Hund in der Öffentlichkeit kontrolliert werden kann und in verschiedenen schwierigen Situationen sicher geführt werden kann. Dazu gehört etwa die Reaktion auf unbekannte optische Reize oder plötzliche Geräusche.
Gibt es eine Maulkorbpflicht in Bayern?
Ja, in Bayern besteht für Hunde der Kategorie 1 eine generelle Maulkorb- und Leinenpflicht. Für Hunde der Kategorie 2 gilt diese Pflicht, solange sie den Wesenstest nicht bestanden haben. Wenn der Wesenstest nur an der Leine durchgeführt wird und das Verhalten des Tieres ohne Anleinen nicht überprüft werden konnte, kann die Leinenpflicht weiter bestehen. Einzelne Gemeinden können darüber hinaus weitere Regelungen zur Leinen- und Maulkorbpflicht erlassen. Es können auch Warnschilder an den Grundstücken verlangt werden.
Versicherungspflicht und Haftungsfragen
In Bayern ist für Listenhunde eine spezielle Hundehaftpflichtversicherung vorgeschrieben. Diese Versicherung deckt Schäden ab, die der Hund verursachen könnte, sei es durch einen Biss, Sachschäden oder andere unvorhersehbare Vorfälle. Die Versicherungspflicht soll sicherstellen, dass Geschädigte im Ernstfall finanziell abgesichert sind und Halter:innen sich ihrer Verantwortung bewusst sind.
Neben der Versicherungspflicht gilt das Prinzip der Gefährdungshaftung. Das bedeutet, dass Hundehalter:innen grundsätzlich für alle Schäden haften, die ihr Hund verursacht – unabhängig davon, ob ein Verschulden vorliegt. Für Listenhunde können die Prämien je nach Anbieter und Wohnort höher ausfallen als für andere Hunderassen. Es empfiehlt sich, verschiedene Versicherungen zu vergleichen, um den besten Schutz zu einem fairen Preis zu erhalten.
Gene oder Erziehung: Was macht Hunde aggressiv?
Ob ein Hund aggressives Verhalten zeigt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Rasse eines Hundes allein lässt keine Aussagen über sein Verhalten und seine Eigenschaften zu. Allerdings gibt es charakterstarke Hunderassen, die nicht für Anfänger:innen geeignet sind. Sie benötigen eine konsequente Erziehung und präsente Besitzer:innen, die die Möglichkeiten haben, den Bedürfnissen des Tieres gerecht zu werden.
Genetik: Welche Rolle spielt Veranlagung?
Bestimmte Rassen haben eine genetische Veranlagung zu territorialem oder dominantem Verhalten. Einige Hunderassen wurden über Jahrhunderte gezielt für bestimmte Aufgaben gezüchtet, darunter Schutz-, Wach- oder Jagdfunktionen. Diese Selektion kann dazu führen, dass bestimmte Instinkte stärker ausgeprägt sind als bei anderen Rassen. Ein Hund mit einer genetischen Veranlagung zur Dominanz oder einem hohen Schutztrieb muss daher besonders konsequent erzogen werden, um aggressives Verhalten zu vermeiden.
Erziehung: Einfluss der Umwelt
Eine schlechte oder fehlende Sozialisierung kann zu Angst- oder Aggressionsverhalten führen. Erziehung und Sozialisierung spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie sich ein Hund verhält. Ein gutsozialisierter Hund, der früh an verschiedene Menschen, Tiere und Umgebungen gewöhnt wird, neigt seltener zu Aggressionsverhalten. Umgekehrt können eine schlechte oder gar keine Sozialisierung, Misshandlungen oder unklare Regeln dazu führen, dass ein Hund unsicher und aggressiv reagiert.
Haltung: gute Lebensbedingungen
Fehlende Bewegung, Langeweile oder schlechte Erfahrungen können aggressives Verhalten fördern. Die Umgebung und Lebensbedingungen eines Hundes haben ebenfalls großen Einfluss auf sein Verhalten. Zu den wichtigsten Faktoren gehören:
●Bewegungsmangel: Hunde, die nicht ausreichend körperlich und geistig ausgelastet werden, können Frustration aufbauen, die sich in aggressivem Verhalten äußert.
●Fehlende Erziehung: Hunde, die keine klaren Regeln oder Grenzen kennen, können Verhaltensprobleme entwickeln.
●Schlechte Erfahrungen: Hunde, die schlechte Erfahrungen mit Menschen oder anderen Tieren gemacht haben, können misstrauisch und aggressiv reagieren.
Ein verantwortungsbewusster Umgang, regelmäßige Beschäftigung und eine konsequente, aber liebevolle Erziehung sind entscheidend, um einen ausgeglichenen Hund zu haben. Auch die Gesundheit Ihrer Fellnase spielt eine wichtige Rolle. Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen und eine zeitnahe Behandlung von gesundheitlichen Problemen tragen zum Wohlbefinden Ihres Tieres bei. Mit einer Hundekrankenversicherung können Sie entspannt in Ihre Tierarztpraxis gehen und ohne finanziellen Druck Entscheidungen treffen.
Tipps von Santévet: Worauf müssen Hundehalter:innen von Listenhunden achten?
Wer einen Listenhund in Bayern halten möchte, wird bereits von Beginn an mit zahlreichen Anforderungen konfrontiert. Neben den gesetzlichen Vorgaben sind auch eine verantwortungsbewusste Erziehung und der richtige Umgang mit dem Hund essenziell. Hundehalter:innen sollten folgende Punkte besonders beachten:
●Frühzeitige und konsequente Erziehung: Listenhunde benötigen eine klare und liebevolle Führung. Eine konsequente Erziehung von klein auf hilft dabei, unerwünschtes Verhalten zu vermeiden und einen sozial verträglichen Hund zu formen.
●Sozialisierung: Bereits im Welpenalter sollte der Hund an unterschiedliche Menschen, Tiere und Umgebungen gewöhnt werden. Eine gute Sozialisierung reduziert Unsicherheiten und mögliche Aggressionen.
●Ausreichend Bewegung und geistige Auslastung: Viele Listenhunde sind kräftige und intelligente Tiere, die eine sinnvolle Beschäftigung benötigen. Sport, Training und regelmäßige Spaziergänge sind essenziell für ihr Wohlbefinden.
●Einhalten der gesetzlichen Auflagen: Besitzer:innen von Listenhunden müssen sich strikt an die behördlichen Vorgaben halten, darunter mögliche Maulkorb- und Leinenpflichten. Verstöße können hohe Strafen nach sich ziehen.
●Hundehaftpflichtversicherung: In Bayern ist eine Haftpflichtversicherung für Listenhunde verpflichtend. Diese schützt den Halter oder die Halterin im Schadensfall.
●Vorsicht in Konfliktsituationen: Als Halter:in eines Listenhundes sollte man sich bewusst sein, dass Vorurteile gegenüber diesen Hunden weitverbreitet sind. Eine umsichtige und vorausschauende Führung des Hundes in der Öffentlichkeit ist daher besonders wichtig.
Sobald Hunde aus der Kategorie 2 den Wesenstest bestanden haben, ist die Haltung zwar nicht weiter problematisch, doch die Verantwortung bleibt hoch. Die Besitzer:innen haben bewiesen, dass sie sich mit den besonderen Anforderungen an die Haltung solcher Rassen auskennen und ihren Hund auch in herausfordernden Situationen unter Kontrolle haben. Wichtig zu wissen: Die Zucht von als gefährlich eingestuften Hunden ist in Bayern untersagt.