Das Kreuzband des Hundes: ein anatomischer Einblick
Das Kniegelenk des Hundes hat eine wichtige Funktion, wenn es um die vielseitigen Bewegungsabläufe des Vierbeiners geht. Es verbindet den Ober- mit dem Unterschenkel und ist für die Kraftübertragung, die Stoßdämpfung und die Fortbewegung von großer Bedeutung. Damit das Kniegelenk ausreichend stabilisiert ist, wird es von mehreren Bändern umfasst.
Besonders wichtig sind dabei die Kreuzbänder. Jede Gliedmaße verfügt über zwei von ihnen: ein hinteres und ein vorderes. Bei Hunden kommt es häufig zu einer Ruptur (einem Riss) dieser Bänder, da sie stetiger Belastung ausgesetzt sind.
Anders als beim Menschen ist das Hundeknie ständig in gebeugter Position und damit größerem Widerstand ausgesetzt. Auf Dauer können zunächst kleine Mikroverletzungen der Bänder entstehen, die immer weiter fortschreiten, bis das Kreuzband komplett reißt. In diesem Fall spricht man von einer degenerativen Ruptur.
Die genaue Ursache für die Entstehung des Kreuzbandrisses können falsche oder starke Belastung oder eine unphysiologische (also von der gesunden Norm abweichende) Knie-Winkelung sein. Eine häufige Folge des (lange unbehandelten) Kreuzbandrisses ist die Arthrose, eine degenerative Erkrankung der Gelenke, die mit einem fortschreitenden Funktionsverlust durch Abnutzung und Verschleiß einhergeht.
Mit welchen Symptomen geht der Kreuzbandriss beim Hund einher?
Hunde, die an einem Kreuzbandriss erleiden, zeigen häufig Lahmheiten der betroffenen Gliedmaße. Manche Hunde hinken auch, halten das betroffene Bein hoch oder winkeln es beim Sitzen ab. Bei Berührung ist das Gelenk möglicherweise schmerzhaft. Es kann auch geschwollen sein oder beim Gehen knackende Geräusche machen.
Schon gewusst? In den meisten Fällen reißt das vordere Kreuzband. da es stärkeren Belastungen ausgesetzt ist.
Die Beschwerden können sich im Wechsel verbessern und verschlimmern. Oft treten die Symptome des Kreuzbandrisses beim Hund nach Belastung, etwa nach dem Spielen oder nach Spaziergängen, auf. In der Regel ist davon auszugehen, dass der Kreuzbandriss bereits seit einigen Wochen oder gar Monaten besteht, bevor eindeutige Beschwerden sichtbar werden.
Wenn Ihr Hund deutliche Schmerzen zeigt oder seit mehr als drei Tagen lahmt, sollten Sie dringend einen Termin in Ihrer Tierarztpraxis vereinbaren.
Welche Hunde sind besonders häufig vom Kreuzbandriss betroffen?
Ein plötzlicher Kreuzbandriss ist bei Hunden relativ selten. Junge Hunde verletzen sich manchmal beim Spielen und Herumtoben. Wesentlich häufiger ist der degenerative Kreuzbandriss. Das Band wird durch Abrieb mehr und mehr beschädigt. Es franst aus und reißt teilweise oder ganz. Einige Hunde sind häufiger von einem Kreuzbandriss betroffen als andere:
- große Hunderassen wie Berner Sennenhunde oder Rottweiler, aber auch Golden Retriever
- Hunde mit Übergewicht
- Hundesenioren
- Sportlich aktive Hunde
- Welpen und Junghunde, die sich noch im Wachstum befinden
Wie wird ein Kreuzbandriss diagnostiziert?
Hundehalter:innen, die die oben genannten Symptome bei ihrem Hund bemerken, sollten schnellstmöglich einen Tierarzt oder eine Tierärztin aufsuchen. Dieser wird zunächst im Rahmen einer klinischen Untersuchung ermitteln, ob eine Ruptur des Bandes vorliegt. Dabei achtet er unter anderem darauf, ob die Streckung des betroffenen Gelenks schmerzhaft scheint.
Einen eindeutigen Hinweis liefert auch der sogenannte Schubladentest. Dabei lässt sich der Unterschenkel des Hundes vorschieben, während der Oberschenkel festgehalten wird. Gelingt dies (ähnlich wie bei einer Schublade), gilt der Test als positiv und ein Kreuzbandriss ist wahrscheinlich. Eine Diagnose kann auch über einen Tibiakompressionstest erfolgen. Hierbei wird Druck auf den Unterschenkel ausgeübt und geprüft, wie sich dies auf das Knie auswirkt.
Zur weiteren Abklärung und zum Ausschluss anderer, ähnlich verlaufender Erkrankungen bietet sich eine Röntgenaufnahme der Gliedmaße an.
Auch eine Arthroskopie des Gelenks ist möglich. Dabei handelt es sich um einen minimalinvasiven Eingriff, bei dem der/die Tiermediziner:in mit einem Endoskop in das Kniegelenk hineinschaut. Auf diese Weise ist es ihm auch möglich, nur teilweise gerissene Bänder zu diagnostizieren.
Wie lässt sich ein Kreuzbandriss beim Hund therapieren?
Für die Kreuzbandriss-Behandlung beim Hund stehen verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl. Im Vordergrund steht die Beseitigung der Schmerzen, die durch das gerissene Band entstehen, sowie die Verhinderung fortschreitender Prozesse. Es soll beispielsweise vermieden werden, dass eine Arthrose entsteht.
In der Regel kommen operative Verfahren zum Einsatz, um die Ruptur des Bandes zu behandeln. Die Kosten für diese Verfahren können sich auf etwa 1.600 € belaufen, hängen aber von vielen verschiedenen Faktoren ab und können daher variieren.
Bandersatz im Knie – Bandriss heilen durch OP
Eine häufige Operation ist der Bandersatz, bei dem das Kreuzband durch Muskulatur oder Sehnen ersetzt wird. Mit stabilem Nahtmaterial wie Stahl oder Nylon werden diese sicher befestigt, um für eine gute Stabilisierung zu sorgen. Diese Methode findet vorrangig bei kleineren Hunden Anwendung, da es bei größeren Tieren mitunter zur Lockerung oder zum Riss des Fadens kommt.
Eine Alternative für kleine und leichte Hunde ist die Versetzung des Oberschenkelmuskels. Man spricht auch von der extrakapsulären Technik: Der Muskel wird mit einem Abstandshalter, Schrauben und einer Platte so fixiert, dass er die Kraftübertragung ausgleicht und das Vorgleiten des Unterschenkels verhindert. Bei großen Tieren besteht leider die Gefahr eines Fadenrisses oder einer Fadenlockerung.
Biomechanik-Änderung des Kniegelenks (TPLO oder TTA)
Seit ungefähr 20 Jahren gibt es eine weitere Methode, bei der das Kreuzband nicht mehr ersetzt werden muss. Stattdessen wird die Biomechanik des Kniegelenks so verändert, dass kein Kreuzband mehr nötig ist, um das Knie zu bewegen. Bei großen Rassen und schweren Tieren ist diese Methode die beste Wahl. Auch Tiere, die von Arthrose betroffen sind, werden meistens so behandelt.
Dabei gibt es wiederum zwei verschiedene Formen, die angewendet werden: die Tibial Tuberosity Advancement (TTA) oder Tibia Plateau Leveling Osteotomy (TPLO). Bei der TTA wird das Kreuzband durch ein Implantat ersetzt. Bei der TPLO wir der Winkel des Unterschenkels verändert. Die TTA und die TPLO verhindern also das Vorgleiten des Schienbeins. Sie haben einen klaren Vorteil im Vergleich zum Bandersatz: Das Kreuzband kann nicht erneut reißen.
Insbesondere die sogenannten „Riesenrassen“ profitieren von einer Änderung der Biomechanik. Die Nachsorge verläuft mit weniger Komplikationen und bereits nach 6 Wochen ist die Gefahr eines Fadenrisses gebannt.
Oft begleitet ein Schaden am Meniskus (ein Knorpel im Kniegelenk) den Kreuzbandriss. In so einem Fall muss auch dieser behandelt werden. Da beschädigte Menisken funktionslos sind und lediglich für Schmerzen sorgen, entfernt der Tierarzt oder die Tierärztin sie in der Regel.
Alternativen – Heilt ein Kreuzbandriss auch ohne OP?
Bei Menschen gibt es häufig eine Vorbelastung, die zum Kreuzbandriss führt. Eine Operation ist nicht immer notwendig. Diese beiden Fakten aus der Humanmedizin lassen sich leider nicht auf Hunde übertragen. Eine Operation des betroffenen Beins ist fast immer notwendig. Die Vierbeiner stehen anders und haben einen anderen Bewegungsablauf beim Gehen als ihre Halter:innen. Wenn ein Kreuzbandriss nicht behandelt wird, geht dies mit einem Leistungsverlust für den Hund einher. Zusätzlich wird er eine schmerzhafte Arthrose entwickeln.
Wie viel kostet eine Kreuzband-OP?
Es ist sehr schwierig, die genauen Kosten für eine solche Operation abzuschätzen. Zunächst hängen diese von der Art des Eingriffs ab. Hinzu kommen Schäden, die erst bei der Operation erkannt und behoben werden (wie bereits erwähnt, muss der Meniskus häufig ebenfalls behandelt werden).
Tipp:
Die Hundekrankenversicherung von Santévet erstattet Ihnen jährlich bis zu 5.000 € Ihrer Tierarztkosten im Falle von Krankheiten und Operationen.
Mit welcher Heilungsdauer ist zu rechnen?
Nach der Behandlung des Kreuzbandrisses steht eine Heilungsphase an, die zwischen 6 und 16 Wochen andauert. In dieser ist darauf zu achten, dass sich das Kniegelenk nicht entzündet und der Hund dieses langsam wieder belastet, ohne es zu überlasten.
Die Dauer der Heilungsphase hängt selbstverständlich auch von dem durchgeführten Eingriff ab. Die Erholungszeit nach einer TTA beträgt etwa drei Monate.
Für einen gezielten Muskulatur-Aufbau und ein Wiedererlangen der Beweglichkeit ist es ratsam, den Tierarzt, die Tierärztin oder den/die Hunde-Physiotherapeut:in für geeignete Übungen hinzuzuziehen. Es kann zudem sinnvoll sein, eine stützende Kniebandage zu verwenden.
Was passiert, wenn man nicht operiert (wie lange ist die Heilungsdauer ohne OP)?
Wie bereits erwähnt, sind die Gründe für einen Kreuzbandriss bei Hunden andere als beim Menschen. Darum werden auch nicht dieselben Therapien angewendet. Es handelt sich nicht um einen einmaligen Riss, der durch einen Unfall verursacht wurde. Die Lahmheit ist eine Folge von mehreren Teilrissen, die nicht diagnostiziert wurden. Darum ist eine Heilung ohne OP weitestgehend unmöglich. Sie können allerdings einem Kreuzbandriss vorbeugen. Wie genau, beschreiben wir Ihnen im folgenden Abschnitt.
Wie können Hundehalter:innen einem Kreuzbandriss vorbeugen?
Da übergewichtige Hunde zur Risikogruppe zählen, ist ein gesundes Gewichtsmanagement wichtig, um orthopädische Beschwerden wie den Kreuzbandriss zu verhindern. Eine gesunde Ernährung und moderate Bewegung helfen, Übergewicht zu verhindern. Auch starke oder unnatürliche Belastungen sollten Hundehalter:innen vermeiden. Dazu zählen vorrangig Start-Stopp-Bewegungen.
Aber auch beim Hundekauf kann ein wichtiger Grundstein zur Prophylaxe gelegt werden: Ein Hund aus einer seriösen Zucht, der schon als Welpe eine bedarfsgerechte Fütterung erhält, hat ein geringeres Risiko für einen Kreuzbandriss.
Und auch im Erwachsenenalter sollten Halter:innen darauf achten, ihrem Hund ein ausgewogenes, nährstoffreiches Futter anzubieten, das Muskeln und Knochen optimal versorgt.